Rede des Fraktionsvorsitzenden Hilko Gerdes
Frau Vorsitzende, Herr Bürgermeister, liebe Ratsmitglieder,
ich kann mir nicht vorstellen, dass es mir gelingen könnte, im Rahmen der Haushaltsberatungen und der anstehenden Entscheidungen noch eine besondere Spannung aufzubauen, geschweige denn sie zu steigern. Der Vorbericht unseres Kämmerers ist so umfangreich und auch im Inhalt so aussagefähig, dass es dazu weiterer Erklärungen und/oder Wiederholungen eigentlich nicht mehr bedarf. Auch ich selbst will mir, besonders aber auch Ihnen ersparen, die Ausführungen im Vorbericht noch einmal zu wiederholen und zu erläutern. Ich kann und will schließlich nicht unterstellen, dass nicht jeder von Ihnen den Haushalt intensiv studiert hat. Das liegt mir natürlich sehr fern. Insofern will ich mich auch kürzer fassen als meine Vorredner.
Auf einige grundsätzliche Aussagen, die die Ansichten unserer Fraktion verdeutlichen, kann und will ich allerdings dann doch nicht ganz verzichten:
In den letzten Jahren habe ich immer wieder darauf hingewiesen, dass die Ergebnishaushalte zu pessimistisch oder zu vorsichtig geplant worden sind. Das hat sich erneut für 2019 bestätigt. Geplant hatten wir ein nur leicht positives Ergebnis, herausgekommen ist ein sehr komfortables mit über 2.000.000 €. Darüber kann man und sollte man sich auf jeden Fall freuen. Trotzdem: Ein zu vorsichtig geplanter Haushalt verhindert möglicherweise manchmal rechtzeitige Entscheidungen zu Gunsten eigentlich dringend erforderlicher und zeitlich drängender Investitionen, weil niemand ein Minus beim Jahresergebnis verantworten will. Für 2019 wird das Ergebnis sogar noch deutlich besser als vom Kämmerer bisher vorgelegt. Die CDU-Kreistagsfraktion hatte im letzten Jahr den Kreistagsbeschluss durchgesetzt, dass die Gemeinden 1,5 Punkte von der zu hohen Kreisumlage zurückerhalten, wenn der Kreishaushalt besser als geplant ausfallen würde, was wir damals zu Recht vermutet haben. In der Tat können wir bei Umsetzung dieser Beschlüsse in Kürze mit einer Rückzahlung durch den Landkreis in Höhe von etwa 450.000 € rechnen. Im Übrigen fehlen immer noch Überweisungen durch den Landkreis für die Kita-Vereinbarung aus dem Jahre 2018 (!), obwohl der Landkreis ganz sicher keine Liquiditätsprobleme mehr hat. Ein bisschen verwunderlich für uns ist, dass unsere Gemeinde diese, ihr zustehenden Beträge, nicht schon längst eingefordert hat, bekommt doch ein Hundebesitzer sehr schnell eine Mahnung von uns, wenn er seine Steuern nicht rechtzeitig bezahlt. Im Übrigen werde ich unsere Kreistagsfraktion bitten, für den kommenden Kreistag mit einem entsprechenden Antrag auch für 2020 eine ähnliche Regelung zu Gunsten unserer Kommunen einzufordern, da sich auch für den Landkreis eine anhaltend positive Einnahmesituation abzuzeichnen scheint, jedenfalls noch für dieses Jahr. Ob sich das bei der Enercon-Krise und der allgemein etwas schwächelnden Konjunktur auch in den folgenden Jahren fortsetzen wird, ist weniger sicher. Insofern können wir nach unserer Einschätzung dem vom Kämmerer vorgelegten, sehr vorsichtig kalkulierten, Ergebnishaushalt mit einem Plus von lediglich etwa 120.000 € gedanklich durchaus wenigstens etwa 450.000 € hinzurechnen. Wenn wir jetzt die auch bei gleichbleibenden Kreisumlagepunkten stetig steigende Summe der Kreisumlage beklagen, dann müssen wir zugeben, dass auch unsere Einnahmen vom Land stetig gestiegen sind und noch weiter steigen werden. Natürlich würden wir uns wünschen, dass die Kreisumlage langfristig gesenkt werden kann. Das allerdings wird nur möglich sein bei anhaltend guter Einnahmesituation beim Landkreis. Leider gehen nach wie vor zum Ausgleich der Verluste in Höhe von 8.000.000 € per annum beim Krankenhaus etwa 4 Kreisumlagepunkte drauf. Der übernächste Gemeinderat wird dann hoffentlich diesbezüglich in der genannten Größenordnung entlastet werden. Und das dann auch noch bei einer hoffentlich wesentlich verbesserten medizinischen Versorgung in unserem Landkreis. Ohne den unverzeihlichen Widerstand der Emder Bevölkerung würden wir dieses Ziel schon zwei Jahre eher erreicht haben können. Die geplanten Ansätze im Investitionsplan mit den entsprechenden Sperrvermerken finden alle unsere Zustimmung, das allerdings zum Teil nur unter der Voraussetzung, dass die einkalkulierten Zuschüsse auch tatsächlich fließen. Denn einige Investitionen sind nur unter dieser Voraussetzung zu vertreten. Nur mit den einkalkulierten Zuschüssen kann es uns gelingen, die wünschenswerten Investitionen ohne eine noch höhere Neuverschuldung auf die Reihe zu bekommen.
Drei Investitionsansätze will ich dann doch noch kurz kommentieren:
Wir hoffen, dass es uns kurzfristig gelingen wird, ein Grundstück für einen Spielplatz im Nordwest-Bereich zu finden, damit wir den entsprechenden Ansatz im Haushalt nicht schon wieder aufs neue Jahr vortragen müssen. Vielleicht sollten wir sonntags etwas mehr in die Kirche gehen, damit wir den Widerstand der Landeskirche für das sehr geeignete Grundstück in Münkeboe auflösen können. Der Ansatz für das Verladegleis in Georgsheil tut uns nicht zuletzt wegen der aktuellen Entwicklung bei Enercon immer noch weh. Ich darf daran erinnern, dass wir uns seinerzeit strikt gegen diesen Zuschuss ausgesprochen haben, einen Betrag, den Enercon damals aus der Portokasse hätte bezahlen können, für ein Gleis, das in Zukunft leider immer weniger, wenn überhaupt noch benötigt wird. Wir beschließen mit diesem Haushalt eine Investition in Höhe von zuerst einmal 700.000 € für den Umbau der Haupt- und Realschule (HRS) in eine Grundschule und 50.000 € für den Umbau der Grundschule in eine Kita. Wir hoffen, dass jetzt endlich alle Mitglieder des Rates hinter diesen Investitionsbeschlüssen stehen und in Zukunft dann auch Querschüsse gegen die gefassten Beschlüsse unterlassen, die wir mit eindeutigen Mehrheiten gefasst haben. Wir jedenfalls stehen zu diesen Beschlüssen ohne wenn und aber, auch wenn wir seinerzeit die einzige Fraktion gewesen sind, die sich am Ende vergeblich mit aller Kraft für den Erhalt der HRS eingesetzt hat. Aber als gute Demokraten akzeptieren wir die gefassten Beschlüsse und hoffen, dass sie zum Wohle unserer Kinder dann auch möglichst zügig umgesetzt werden. Mit der aktuell angenommenen Verschuldung Ende 2020 erreichen wir fast wieder die Werte aus der Zeit, als uns die Kläranlagen noch gehörten. Auch, wenn uns die Zinsen heute nicht mehr ganz so stark belasten, sollten wir uns darauf nicht verlassen, denn dieser Vorteil ist langfristig keineswegs gesichert, und die Abschreibungen tun unserem Ergebnishaushalt natürlich auch weh. Auf jeden Fall müssen wir alles daran setzen, dass wir zusätzliche Schulden auf jeden Fall zu vermeiden versuchen, damit uns die Kommunalaufsicht irgendwann später nicht die Aufnahme zusätzlicher Kredite untersagt für Investitionen, die in Zukunft unverzichtbar sind, wie zum Beispiel diejenigen im Kindertagesstättenbereich oder für unsere Feuerwehren.
Die Übertragung der Trägerschaft der IGS auf den Landkreis: Was hat das mit dem Haushalt zu tun? Viel, sehr viel sogar! Wenn die entsprechenden Beschlüsse jetzt in diesem Jahr gefasst werden sollten, was wir hoffen und einfordern, könnten wir alleine für die zur Zeit durchgeführten Investitionen eine Zahlung vom Landkreis in Höhe von etwa 1.500.000 € erwarten. An die weiteren, in Zukunft mit Sicherheit noch anfallenden, hohen Investitionen wollen und dürfen wir erst gar nicht denken. Da die Kämmerer beider Gemeinden jetzt offensichtlich zu dem Ergebnis gekommen sind, dass beide Gemeinden in der Vergangenheit etwa gleich viel in die Schulen investiert haben und damit die Behauptung, Brookmerland hätte in der Vergangenheit wesentlich mehr investiert als wir, widerlegt ist, hoffen wir, dass es schon sehr bald zu einer einvernehmlichen Lösung mit dem Ziel der Übertragung der Trägerschaft auf den Landkreis kommen wird. Für diesen Fall, mit einer solchen Lösung, fordern wir schon heute einen Nachtragshaushalt ein, um dann auf der Grundlage dieser dann wesentlich besseren Haushaltslage viele weitere Investitionen realisieren zu können. Bekanntlich unvermeidbar und in der Zuschusshöhe stetig steigend sind leider die Ausgaben für unsere Kindertagesstätten in inzwischen schwindel erregender Größenordnungund wir werden auch an dem Bau zusätzlicher Kindergarten- und Krippenplätze nicht vorbeikommen können, wenn wir unseren gesetzlichen Verpflichtungen auch nur annähernd gerecht werden wollen. Auch diese zusätzlichen Gruppen werden weitere nennenswerte Defizite mit sich bringen, die wir in den Ergebnishaushalten abzudecken haben. Ich vermute einmal, dass nicht einmal unser Kämmerer diese Auswirkungen mit den zusätzlichen Belastungen schon wirklich hochgerechnet hat. Aber sie sind unvermeidbar und werden uns finanziell sehr einengen, zumal wir leider nicht davon ausgehen können, dass Land und Bund die diesbezügliche Finanzierung zu Gunsten der Kommunen kurzfristig verbessern werden. Wir hoffen, dass sich der Landkreis in Zukunft stärker an diesen Kosten beteiligen wird. Wenn er das denn tut, wird es natürlich wieder enger mit unserer Forderung nach Senkung der Kreisumlage. Auch der Landkreis kann sein Geld eben nur einmal ausgeben.
In aller möglichen Kürze möchte ich noch einmal die Ergebnisse unserer beiden Töchter ansprechen:
Die Sozialstation macht uns inzwischen richtig Freude, nicht nur wegen ihrer anerkannt guten Arbeit, sondern auch wegen der erzielten guten Zahlen und Ergebnisse, die unseren Gemeindehaushalt somit nicht länger belasten. Offensichtlich zahlt sich heute aus, dass wir uns vor einigen Jahren intensiver um die Ursachen der Verluste und deren Abstellung gekümmert haben. Wir hoffen, dass die aktuell leichten Minuszahlen in unserer stark nachgefragten Tagespflege in Engerhafe wieder zeitnah in positive Ergebnisse umgewandelt werden können. Am Bedarf und an der Nachfrage kann es nicht liegen, dass wir zur Zeit die gewünschten Zahlen nicht ganz erreichen.
Nicht auf ein Brett kommen wir offensichtlich mit unserem ansonsten geschätzten 1. Gemeinderat bezüglich der Kommentierung der Verluste in unserer Touristik GmbH. Niemand von uns hat bestritten und bestreitet die statistischen Aussagen, wonach unsere Gewerbetreibenden und damit auch unsere Gemeinde von den Ausgaben unserer Gäste stark profitieren und dass auch die Touristik GmbH mit ihrer Arbeit zu der positiven Entwicklung der Gästezahlen beiträgt. Aber niemand kann auch belegen, dass und in welcher Größenordnung die Zahl unserer Gäste und Übernachtungen ursächlich und maßgeblich auf die Arbeit unserer Touristik Gesellschaft zurückzuführen ist und ob es nicht auch viele andere Gründe für den Besuch in unserer Gemeinde gibt. Wir verstehen deswegen auch nicht die Kritik von Herrn Müller in den Ausschussberatungen und inzwischen auch in der Öffentlichkeit an unserer Forderung, sich intensiv um die Reduzierung des Verlustes der Touristik GmbH zu kümmern. Vielleicht hilft uns ja jetzt dabei auch ein wenig die Verpachtung des Kioskbetriebes.
Wir meinen, dass wir uns immer und überall um Verbesserungen der Ergebnisse bemühen müssen, ganz besonders dann, wenn die Verluste unseren Gesamthaushalt belasten. Die Gemeinde Großefehn hat ihre Verluste in der Touristik Gesellschaft in den letzten Jahren drastisch von etwa 600.000 € auf etwa 300.000 € reduzieren können und die Gästezahlen sind trotzdem gestiegen. Ich will damit sagen, dass es unsere grundsätzliche Aufgabe und auch die Aufgabe des 1.Gemeinderates ist, auch die Ergebnisse der Touristik GmbH permanent auf den Prüfstand zu stellen und an Verbesserungen zu arbeiten und dass das nichts damit zu tun hat, dass wir uns natürlich mit ihm über die positiven Seiten der Gästezahlen freuen können.
Soweit meine grundsätzlichen Anmerkungen zur finanziellen Situation und zum Haushalt unserer Gemeinde. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und hoffe, dass ich Sie nicht zu sehr gelangweilt habe. Die CDU-Fraktion wird dem Haushalt für das Jahr 2020 zustimmen.
Südbrookmerland, den 27.02.2020 Hilko Gerdes, Vorsitzender der CDU-Fraktion